„Am folgenden Tag sieht er Jesus zu sich kommen und spricht: Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt!.“ Joh.1,29.
„Siehe, hier ist Feuer und Holz, wo aber ist das Lamm zum Brandopfer!“ — so fragte Isaak auf jenem wundersamen Opfergang seinen Vater Abraham. Dieser antwortete tief ergriffen: „Mein Sohn, Gott wird ihm ersehen ein Lamm.“ Das Lamm aber, welches Gott der Herr sich in der Tat zum Versöhnungsopfer für die verlorene Welt ersehen wollte, schilderte später der Prophet Jesaja so: „Da er gestraft und gemartert wurde, tat er seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm das ‚zur Schlachtbank‘ geführt wird und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer.“ — Nun steht Johannes der Täufer im blühenden Jordantal; aus seinen Augen leuchtet Glut, aus seiner Predigt flammen Blitze. Seine Jünger umgeben ihn, Scharen buntgemischten Volkes lauschen seiner Rede. Da hält er plötzlich inne.
Jesus von Nazareth, damals noch ein unbekannter Mann, tritt in den Gesichtskreis der Versammelten. Johannes schaut ihn an, der Geist Gottes kommt über ihn und er erkennt in dem schlichten Wanderer den seit Jahrtausenden verheißenen und ersehnten Messias, den Knecht Jehovas, das Lamm Gottes. Überwältigt von diesem Eindruck weist nun Johannes auf den Kommenden hin und ruft das inhaltschwere Wort aus: „Siehe, das ist das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde trägt!“ Dieser Ausspruch hat ihn zum größten Propheten gemacht. Welche Tiefen liegen darin! Johannes erfasst hier die göttliche Mission und das innerste Wesen, Wollen und Wirken Jesu. Er schaut in das Herz Gottes und in den geöffneten Himmel, erblickt aber auch den Sündenfluch der Menschheit, sieht diese Last gelegt auf die Schultern dieses einen Mannes, der sie trägt, wegträgt, mit seinem Tod sühnt — und so die verlorene Welt erlöst und eine neue verklärte Welt begründet.
Wird diese Passionszeit uns zum Segen sein? Wie oft haben wir sie schon durchlebt und sie ist spurlos an uns vorübergegangen! Vielleicht kommt sie uns jetzt zum letzten Mal. Sollen wir sterben, ohne das Lamm Gottes ins Herz geschlossen zu haben?
Ja, dieser Jesus ist das reine Lamm, denn niemand kann ihn einer Sünde überführen und der Vater selbst bezeugt: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe!“ Er ist auch das geduldige Lamm, denn er war gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz. Er ist das sanftmütige Lamm, denn noch am Kreuz blutend betet er um Vergebung für seine Feinde. Er ist in Allem das Lamm Gottes, das heilige Opferlamm, durch welches in Ewigkeit vollendet werden Alle, die an ihn glauben. Dieses Lamm Gottes ist unser Jesus Christus, unser Erlöser und Heiland, der auch uns mit seiner ewigen Liebe geliebt hat, der auch für uns gelitten und gestorben ist, um uns selig zu machen.
Sollten wir ihn nicht wieder lieben, ihm nicht dankbar sein, ihm nicht treu nachfolgen? In die Gedächtnisfeier seiner Todesleiden treten wir heute wieder ein. Wird diese Passionszeit uns zum Segen sein? Wie oft haben wir sie schon durchlebt und sie ist spurlos an uns vorübergegangen! Vielleicht kommt sie uns jetzt zum letzten Mal. Sollen wir sterben, ohne das Lamm Gottes ins Herz geschlossen zu haben? Der Herr bewahre uns davor in Gnaden, überwinde alles Widerstreben unseres alten Menschen und segne uns diese Passionszeit zum ewigen Heil.