Dr. Alice von Hildebrand ist die Witwe Dietrich von Hildebrands, eines deutschen katholischen Philosophen, der immer freimütig zu seiner Antihaltung gegen den Nationalsozialismus stand. Sie lehrte siebenunddreißig Jahre bis zu ihrer Pensionierung 1984 am New Yorker Hunter College und schrieb mehrere Bücher. Sie war in Belgien geboren und kam 1940 in die Vereinigten Staaten. In einem umfangreichen Interview in ihrer Wohnung in Manhattan sprach die 88-Jährige im vergangenen Oktober ausführlich über verschiedene Themen, wie z.B. Frauenfrage, Heirat, Zölibat bis hin zu der ewig gültigen Bestimmung der menschlichen Seele. Dies ist die zweite Folge einer Anzahl von Zusammenfassungen dieses Interviews.
Ich halte sehr viel von Frauen und ihrer Bedeutung in Gottes Plan. In der Bibel spielt sie vom ersten Tag an eine sehr, sehr wichtige Rolle. Die Frau ist dazu geschaffen zu geben, zu sorgen, zu helfen und zu vermitteln. Wir sind von Gott zur Liebe und zur Gemeinschaft geschaffen. Das steht alles in der Bibel.
Lest die Schöpfungsgeschichte. Sie ist so reichhaltig, aber wenn man nicht auf die Knie geht und darüber nachdenkt, wird man niemals die ganze Botschaft verstehen. Als Erstes schuf Gott die Natur und die Tiere und alles war wunderbar und gut. Schaut die Bäume an, die Vögel, die Blumen, den Sonnenaufgang, den Sonnenuntergang. Das ist alles ganz großartig. Am sechsten Tag schuf Gott den Menschen. Adam, nach seinem Bilde und ihm gleich. Adam schaute sich all die Tiere an und fand, das keines ihm ebenbürtig sei. Nicht eines entsprach ihm und seiner Würde. Und Adam war einsam.
Dann sagte Gott: "Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei." Denn wir sind zur Gemeinschaft geschaffen. Als Menschenwesen ist das unsere Aufgabe im Leben. So gab Gott dem Adam die Eva. Aus seiner Rippe schuf er sie ihm. Und was war Adams Antwort, als er Eva sah? Seine Antwort war freudiges Erstaunen: "Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch!" Ich persönlich glaube, dass auch Eva von ihm beeindruckt war. Da stand er, stark und mutig, und er würde sie beschützen, dieser eine würde ihr helfen, er war der eine, der wirklich für sie gemacht war, so wie sie für ihn gemacht war.
Die Tragödie des heutigen Feminismus besteht darin, dass er auf der Lüge beruht, wir Frauen seien getäuscht worden. Der Feminismus behauptet, wir würden missbraucht, weil wir immer die Gebenden seien. Wir wären irgendwie unterdrückt, weil wir nie eine gehobene Position erreichen könnten in Staat oder Kirche... und so weiter. Diese Lüge ist – meiner Ansicht nach – ein Krebsgeschwür unserer Gesellschaft.
Aber es ist eine noch größere Lüge zu behaupten, Frauen seien vom Anfang an als minderwertig geschaffen worden. Das ist unglaublich. Was sagt Adam über Eva? Er sagt etwas Erstaunliches. Erstaunlich! Er nennt sie "Die Mutter des Lebens." Das ist so kostbar: Die Mutter des Lebens! Zwischen Frau und Leben existiert eine Verbindung, die so tief ist, dass man sie niemals trennen kann. Die Schöpfungsgeschichte spricht nicht so von Adam. Adam ist nicht der Vater des Lebens. Eva ist es.
Deshalb ist Abtreibung eine so schreckliche Sünde. Zum ersten Mal in der Geschichte denken wir, dass die Frau vom Leben getrennt werden könnte. Was sagt Christus im Evangelium in Bezug auf Satan? "Er war ein Mörder von Anfang an." Da habt ihr Satan – einen Mörder. Und ihr habt Eva – die Mutter des Lebens.
Es gibt ein spanisches Sprichwort das sagt, wenn du jemand eine kleine Lüge erzählst, wirst du erwischt, aber wenn du eine große Lüge erzählst wird jeder denken: "Oh, das ist doch nicht möglich, dass das eine Lüge ist!" Heute geschieht es, dass Satan uns Frauen zum Narren hält und uns glauben lässt, wir seien minderwertig wenn wir neues Leben hervorbringen. Wir müssen Windeln wechseln, wir müssen kochen, wir müssen unser Kind füttern; wir sind vierundzwanzig Stunden am Tag beschäftigt, um für ein Baby zu sorgen. Und so kommt es, dass Frauen denken, "wenn ich ans Haus gebunden bin um für meine Kinder zu sorgen, werde ich niemals Präsident sein! Ich werde niemals Parlamentssprecher oder so was werden!" Das ist eine Lüge.
Stell dir mal vor, du entscheidest dich gegen Kinder und für eine Karriere; stell dir vor, du wirst Parlamentssprecherin. Nach ein paar Jahren wird deine Amtszeit zu Ende sein. Wer wird dann noch von dir sprechen? Wer wird sich nach ein paar Jahren noch an dich erinnern? Wenn du eine Mutter bist, gut, dann hast du zwar immer Arbeit, aber was wichtiger ist: du hast die Freude ein Kind groß zu ziehen, das nach Gottes Bild geschaffen ist – ein Kind, das eine unsterbliche Seele hat. Denk mal darüber nach! Einem Kind Liebe zu geben, es zu erziehen, es näher zu Gott zu führen… Die Verbindung zwischen Mutter und Kind ist vom Zeitpunkt der Empfängnis an sehr, sehr tief. Das ist ein ganz wertvolles Geschenk für uns Frauen. Aber heutige Feministinnen schauen darauf herab und sagen, das hat keinen Wert.
Simone de Beauvoir, eine französische Feministin aus dem Existenzialismus des vergangenen Jahrhunderts, behauptete, "Frauen tun nichts." Das hat sie wirklich geschrieben. "Frauen tun nichts." Das Unglück ist, dass wir diese Lüge geschluckt haben. Wir wollen Karrieren und wir wollen unabhängig sein. Wir brauchen keinen Ehemann, weil wir auf unseren eigenen Füßen stehen können. Und so wird etwas Wunderbares aus Gottes Schöpfung abgelehnt, zerstört – dass Gott Eva für Adam schuf und Adam für Eva.
Und was ist das Ergebnis? Frauen verlieren ihre Würde und ihren Respekt für andere. Wir spielen herum und haben "Spaß" mit einem anderen Menschen, den wir – am Ende – oft verachten. So werfen wir uns dann an einen anderen weg. Da gibt es kein Geben – da heißt es nur Nehmen und das Spiel mitmachen. Und wenn wir das Spiel nicht zur Zufriedenheit mitspielen, dann werden wir um einer anderen willen abserviert.
Das alles ist tragisch, denn wir sind für Liebe geschaffen. Jeder Mensch hat eine unsterbliche Seele. Wenn ich die Straße entlang gehe in dieser so traurigen und dekadenten Welt und einem Menschen begegne, den ich nicht kenne, dann bemühe ich mich zu denken "die sind auch nach Gottes Bild geschaffen. Vielleicht hat es Flecken, vielleicht ist es verschmutzt, aber was immer es sei – das Vorbild ist immer noch da."
Wir alle sind nach Gottes Bild und ihm gleich geschaffen. Und deshalb sind Mann und Frau gleich. Auch wenn unsere Körper, unsere Gaben und unser Temperamente verschieden sind ergänzen wir doch einander. Deshalb ist eine christliche Ehe so wunderbar. Mann und Frau, Ehemann und Ehefrau ergänzen einander in Liebe. In dieser Verbindung sind wir für einander geschaffen, denn wir sind wirklich für Liebe geschaffen.