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CheckoutInzwischen ist es schon fast eine Binsenweisheit: Wenn wir angestrengt auf das warten, was uns angeblich glücklich macht, dann werden wir eher verkrampft als wirklich glücklich. Andersherum erleben wir viele glückliche Augenblicke, wenn wir überhaupt nicht damit rechnen.
Das Leben hält immer neue Überraschungen bereit. Und als Ehepaar haben wir gemerkt, dass es sich lohnt, offen dafür zu sein.
Weil wir selbst keine leiblichen Kinder bekommen können, konnten wir uns vorstellen, unser Leben mit Pflege- oder Adoptivkindern zu teilen. Bei Onur, unserem Pflegesohn mit türkisch-tunesischen Wurzeln, ging das ziemlich plötzlich. Nach einer etwa dreistündigen „Schwangerschaft“, vom Anruf des Jugendamts bis er bei uns war, kam er mit 16 Monaten zu uns.
Ein gutes halbes Jahr später wurde Alexander geboren. Er kam mit Trisomie 21 (Down-Syndrom) auf die Welt, er hat also ein Chromosom mehr als die meisten Menschen. Dass dieses gewisse Extra auch für unser Leben ein echtes Mehr bedeutet, sollten wir bald erfahren … Seine leiblichen Eltern waren schockiert, konnten sich wohl nicht darauf einlassen, dass damit vieles anders würde als vielleicht geplant. Tatsächlich werden in Deutschland heute weit über 90 Prozent der Kinder mit Down-Syndrom abgetrieben, sofern die Diagnose bereits während der Schwangerschaft gestellt wird. Ich fürchte, die meisten dieser Entscheidungen werden ohne wirkliche Grundlage getroffen – und die Menschen ahnen gar nicht, was ihnen entgeht und was sie sich da antun.
Unsere Kinder sind für uns echte Joker!
Dass meine Frau Carolin als Erzieherin zuvor bereits mit Kindern mit Behinderung gearbeitet hatte, hat sicher dazu beigetragen, dass wir uns vorstellen konnten, Alexander zu adoptieren. Mehrmals wurden wir in den folgenden Jahren vom Jugendamt um Unterstützung gebeten, wenn es darum ging, eine Adoptiv- oder Pflegefamilie für Kinder mit Down-Syndrom zu finden. Eins davon war Samuel, fünf Jahre später. Da dachten wir: Der würde doch ganz gut zu uns in die Familie passen!
Wir haben unsere Entscheidung nicht einen Tag in Frage gestellt – auch wenn der Alltag mit besonderen Kindern eben oft etwas anders ist. Wir sind gefordert, ihre Grenzen wahrzunehmen und zu achten, und damit ist unsererseits oft ein höheres Maß an Flexibilität gefordert.
Wenn Alexander gefühlte vierzig Runden Karussell fahren will, beim Singen im Gottesdienst begeistert tanzt und mit seiner Leidenschaft andere ansteckt, wenn er die Musik zu Hause so laut aufdreht, dass möglichst auch unsere Nachbarn mithören, wenn „Wickie und die starken Männer“ ein ganzes Jahr lang nahezu ununterbrochen als Film geschaut, als Hörspiel gehört und vor allem in allen Varianten und natürlich mit lautem Geschrei nachgespielt wird … nervt uns das schon manchmal. Und zugleich merken wir, was es für ein Geschenk ist, das Leben mit ihm zu teilen. Ich kenne keinen Menschen, der lebendiger ist, der ansteckender und gewinnender lachen kann als Alexander.
Und wenn Samuel abends noch wartet, bis auch „der Baba“ an sein Bett kommt, wenn er sich mir an den Hals wirft, wenn ich ihn Huckepack durchs Haus trage und wenn er sich strahlend die Schuhe anzieht, bevor wir samstagmorgens gemeinsam zum Bäcker gehen – dann bin ich es, der einfach nur den Moment aufsaugt und dankbar genießt.
Unsere Kinder sind für uns echte Joker: Wir müssen keine Seminare besuchen und brauchen kein Coaching, wie man im Heute leben kann und sich weniger unnötige Sorgen macht, Beziehungen dankbar lebt und sich überhaupt wenig den Kopf darüber zerbricht, was andere wohl denken – wir haben ja unsere zwei außergewöhnlichen Trainer, die Glück verströmen und ihr Umfeld inspirieren.
Carolin und David Neufeld leben in Schwarzenfeld in der Oberpfalz (Ostbayern). David Neufeld gründete 2004 den Neufeld Verlag, der sich auch dem Thema „außergewöhnliche Menschen“ widmet und unter dem Motto arbeitet: „Stellen Sie sich eine Welt vor, in der jeder willkommen ist!“ Mehr unter: www.neufeld-verlag.de