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CheckoutEine andere Lebenseinstellung
von Harro Preiss
Dienstag, 3. Januar 2023
Verfügbare Sprachen: English
Wenn wir Kinder beobachten, dann überfällt uns schnell die Frage: Was haben wir eigentlich beim Erwachsenwerden verloren? Kurz gesagt, wir haben Wesentliches verloren. Interessant ist dabei, was können wir zurück gewinnen.
Natürlich darf man das Kind nicht idealisieren und die Kindheit ist nicht der Zeitraum eines schuldlosen Daseins. Trotzdem ist es sinnvoll nach Verhaltenslinien zu schauen, die dem Leben auch später noch eine Richtung geben können, um dem Profil des Evangeliums nahe zu kommen.
Zuerst fällt auf, dass ein kleines Kind schnell bereit ist zu vergeben. Wie stark könnten unsere Familien und Gemeinden sein, wenn wir ebenso schnell das Abweichen oder Versagen eines Bruders oder einer Schwester ohne „wenn...“ oder „aber ...“ vergeben würden. Machbar wird dies, wenn man die Liebe Gottes aufnehmen kann und dann auch lebt und nicht nur aus alten Erfahrungen, Gefühlen und Ängsten heraus handelt. Jesus erinnerte seine Jünger:“Ihr habt einen kindlichen Geist empfangen.“ ( Rö 8:15 ) Und dieser kindliche Geist hat tatsächlich die Kraft, Neues in unserem Leben zu gestalten.
Ein kleines Kind kommt gar nicht erst auf den Gedanken, dass die Zahl seiner Untaten die Liebe der Eltern in irgendeiner Weise erschöpfen könnte. Übertragen wir diese Einstellung, so bekommen wir ein starkes Vaterbild Gottes.
Kinder sind aufrichtig wie aufgeschlagene Bücher. Sie stehen mit weit geöffneten Augen vor uns und lassen uns in ihre Seele, in ihre Beweggründe hinein sehen. Kinder werden das, was sie fühlen, sofort sagen. Sie verschweigen nichts, um es später hinter dem Rücken anderen zu sagen. Ungerades, feiges Tun ist unkindlich. Wenn ein Kind etwas wahrnimmt, was nicht in Ordnung ist, wird es das augenblicklich sagen, ohne auf eine diplomatische Sprache zu achten.
Die Jünger Jesu waren darin oft unkindlich, wie wir wahrscheinlich auch. Als unter ihnen die Frage der Rangordnung aufkam, reagierte Jesus sofort. Er nahm ein kleines Kind, stellte es in die Mitte und sagte: „Wenn ihr nicht umkehrt und wie die kleinen Kinder werdet ...“ Wer sich danach ausstreckt, immer das entscheidende Wort zu haben oder das Verfügungsrecht an sich reißt, der kann nicht in das Reich Gottes kommen. Wir lesen in den Schreiben an die Gemeinden in der Offenbarung: „Eines habe ich gegen dich: dass du die erste Liebe verlassen hast. Denke daran, von welcher Höhe du gefallen bist!“ Wer nicht allem Großtun absagt, in welcher Form auch immer, sei es Leistung, Vergleichen oder Geltungssucht, kann am Reich Gottes nicht teilhaben. Empfinde wie ein Kind. Es steht in diesem Zusammenhang immer ein „WIE“, das uns davor bewahrt, kindisch zu werden. Das ist eine ganz andere Schiene.
Über die Kinder heißt es in der Bibel ( Mt 18:10 ), dass ihre Engel allzeit bei Gott Zutritt haben. Diese Aussage verdeutlicht, wie nahe ein Kind bei Gott ist. Ein Kind ist nicht versklavt in einen begehrenden Besitzwillen. Es klebt weder an sich selbst noch an einem Götzen. Das Materielle ist nicht die Mitte. Wie ein Kind zu sein, bedeutet das rein materielle Fundament des Denken und Strebens zu verlassen. Damit kann sich neues Leben öffnen.
Interessant ist, dass Kinder Gott nicht als Natur oder in der Natur finden, sondern sie finden ihn über und hinter der ganzen Natur. Das ist ein wirklich tragendes Fundament für wissenschaftliches Denken.
Als die Jünger in einem Dorf Schwierigkeiten bekamen, fragten sie: „Sollen wir nicht bitten, dass Feuer vom Himmel falle?“ Jesus antwortete entsetzt: „Habt ihr vergessen, welches Geistes Kinder ihr seid?“ Habt ihr vergessen, dass ihr den kindlichen Geist empfangen habt? Habt ihr vergessen, dass Kinder keinen Geist der Rache haben?
Das Kind liebt das Licht. Es liebt nicht die Dunkelheit. Es ist lebenshungrig und lichtdurstig. Es kennt keine Freude an den Dingen der Düsternis. Das wahre Kind liebt das Licht.
Diesen Ausführungen liegt eine Ansprache Eberhard Arnolds anlässlich einer Taufe im Oktober 1935 zugrunde. Seine Aussagen sind so zeitlos wichtig, dass ich sie nochmals zum Überdenken aufbereitet habe.