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CheckoutIch will sinnen über deine Befehle und schauen auf deine Pfade. Psalm 119, 15
Es gibt kein Stillstehen. Jede Gabe, jede Erkenntnis, die ich empfange, treibt mich nur tiefer in das Wort Gottes hinein. Für Gottes Wort brauche ich Zeit. Um die Befehle Gottes recht zu verstehen, muss ich oft lange über dem Wort nachsinnen. Nichts wäre verkehrter als jene Aktivität oder jene Gefühlsseligkeit, die dem Nachdenken und Nachsinnen den Wert abspricht. Es ist auch nicht nur Sache der hierzu besonders Berufenen, sondern Sache eines jeden, der in Gottes Wegen gehen will. Zwar fordert Gott oft
Es ist auch nicht nur Sache der hierzu besonders Berufenen, sondern Sache eines jeden, der in Gottes Wegen gehen will.rasche, unverzügliche Tat; aber er fordert auch Stille und Besinnung. So darf und muss ich oft Stunden und Tage lang über ein und demselben Wort bleiben, bis ich mit der rechten Erkenntnis erleuchtet werde. Keiner ist so weit fortgeschritten, dass er dessen nicht mehr bedürfte. Keiner darf sich wegen zu starker tätiger Beanspruchung davon dispensiert glauben. Gottes Wort beansprucht meine Zeit. Gott selbst ging ein in die Zeit und will nun auch, dass ich ihm meine Zeit gebe.
Gottes Wort beansprucht meine Zeit. Gott selbst ging ein in die Zeit und will nun auch, dass ich ihm meine Zeit gebe.
Christsein ist nicht die Sache eines Augenblicks, sondern es will Zeit. Gott gab uns die Schrift, aus der wir seinen Willen erkennen sollen. Die Schrift will gelesen und bedacht sein, täglich neu. Gottes Wort ist nicht eine Summe ewiger allgemeiner Sätze, die ich jederzeit gegenwärtig haben könnte, sondern sie ist das täglich neue Wort Gottes an mich in dem unendlichen Reichtum der Auslegung. Meditation, d. h. betende Schriftbetrachtung und Auslegung sind dem unentbehrlich, der aufrichtig Gottes Befehle und nicht seine eigenen Gedanken sucht. Meditation heißt, Gottes Wort betend für mich zu Herzen nehmen; Auslegen heißt, Gottes Wort in der Schrift als Gottes Wort erkennen und verstehen. Eins ist nicht ohne das andere. Beides aber ist Besinnung, die täglich geübt sein will.
Will ich Gottes Befehle erkennen, so darf ich nicht auf mich und meine Lage, sondern ich muss allein auf Gottes Pfade schauen. Was Gott für mich tat, als er an seinem Volk, als er in Jesus Christus handelte, was Menschwerdung, Kreuz und Auferstehung Jesu Christi als Gottes Taten für mich bedeuten, das allein soll meinen Weg bestimmen.
Auszug aus dem 1973 im Chr. Kaiser Verlag München erschienenen Bonhoeffer Brevier.