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CheckoutEin fünfzigster Hochzeitstag verdient immer Anerkennung, aber dieser war wirklich Gold wert. Als Damien und Maria vor fünfzig Jahren ihr Eheversprechen ablegten, machten sie sich keine Illusionen. Sie waren in eine abgelegene Leprakolonie im Hinterland von Paraguay verbannt worden, wo sie von verkrüppelten und entstellten Leidensgenossen umgeben waren, die ebenso wie sie an der damals unheilbaren Krankheit litten. Sie fragten einander, ob sie sich auch dann noch lieben würden, wenn sich ihre Finger krümmen und ihre Haut trocken und rissig werden würde.
Heute lachen sie, wenn sie sich an das erste Mal erinnern, als sich ihre Blicke begegneten. Die Freude, die sie ausstrahlen, ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, was sie durchlitten haben. In früheren Jahren, als sie noch gesünder waren, waren Medikamente zur Behandlung der Krankheit gespendet worden, um sie kostenlos an die Patienten zu verteilen. Die korrupte Kolonieverwaltung verlangte jedoch von den Patienten, dass sie zahlen. Als Damien und Maria das Geld für die Medikamente zusammengespart hatten, war es bereits zu spät, und der Schaden an ihren Körpern war bereits angerichtet. Trotzdem sind Damien und Maria nicht verbittert. Gott in der sie umgebenden Natur und in den Sternen zu sehen, so sagen sie, hat ihnen geholfen, Frieden, Hoffnung und die Kraft zum Verzeihen zu finden. Und beide sind dankbar für all die Freunde, die sie im Laufe der Jahre gefunden haben. „Wer Freunde hat, lebt, wer keine Freunde hat, ist tot.“
Damien ist trotz seiner verkrüppelten Hände ein begabter Handwerker. Nachdem er die Sonne aufmerksam beobachtet hatte, meißelte er aus einem Stein in seinem Garten eine Sonnenuhr, die die Stunde, den Tag und den Monat des Jahres genau anzeigt. Aber jetzt lässt sein Augenlicht nach. Bei einem letzten Versuch, eine Holzfigur des Franz von Assisi zu schnitzen, schnitt er versehentlich die Finger des Heiligen ab. „Der heilige Franziskus war als Freund der Aussätzigen bekannt, da ist es nur angemessen, dass er keine Finger hat“, scherzt er. Da er nicht mehr schnitzen kann, begnügt er sich nun damit, auf dem Fleckchen Erde vor der winzigen Holzhütte, die ihr Zuhause ist, sorgfältig einen Garten zu pflegen. Maria ist an den Rollstuhl gefesselt, eines ihrer Beine ist amputiert und sie ist fast taub, aber sie zeigt keine Anzeichen von Selbstmitleid. „Sie ist die Verwalterin des Hauses und managt alles“, sagt Damien stolz.
Man kann sehen, wie zärtlich die Liebe der beiden zueinander ist. Damien sagt, sie hätten es nur so weit gebracht, indem sie miteinander geredet hätten. Sie hätten keinen Tag verstreichen lassen, ohne etwaige Streitigkeiten beizulegen. Ihr nachlassendes Gehör stellt sie vor neue Herausforderungen, aber sie verstehen die Bedürfnisse und Gedanken des anderen oft instinktiv, ohne zu sprechen. „Jeden Tag lieben wir einander mehr und verstehen einander besser.“
Die Treue von Damien und Maria trotz aller Widrigkeiten zeugt von einer Liebe, die Bestand hat; nicht von einer vorübergehenden egoistischen Verliebtheit, sondern von der Liebe, die in dem bekannten Vers beschrieben wird: „Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.“ (1. Korintherbrief 13,4–7)
Als sich die Gratulanten verabschieden, scherzt Damien: „Wir sehen uns bei unserer diamantenen Hochzeit. Dann bin ich älter und esse nicht mehr so viel.“
Zuerst erschienen in Plough Quarterly. Aus dem Englischen übersetzt von Daniel Hug.