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Drei Säulen der Erziehung
Im Bruderhof sehen wir wie Kinder aufblühen, wenn Familie, Schule und Gemeinschaft zusammen arbeiten.
von Heinrich Arnold
Dienstag, 23. April 2024
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Kinder sind besonders. Sie sprechen eine universelle Sprache der Freude, des Staunens, der Wissbegierde, des Unfugs und der Liebe. Sie haben einen natürlichen Hunger nach Lernen und einen Instinkt für die Wahrheit, und sie blühen auf, wenn sie spüren, dass sie einen Platz in einer Gemeinschaft haben. Erziehung ist jener Prozess, der Kinder darauf vorbereitet, in dieser Welt zu leben und sie besser zu machen. Das bedeutet auch, die nächste Generation anzuleiten, auszurüsten, zu lehren und zur Freiheit zu erziehen. Als Pastor der Bruderhof-Gemeinschaft sowie als Vater, Großvater und ehemaliger Lehrer sehe ich drei wesentliche Säulen der Erziehung: Familie, Schule und Gemeinschaft. Wenn diese drei Säulen in Harmonie miteinander arbeiten, sind sie wie ein dreibeiniger Hocker, der auch auf unebenem Boden stabil ist. Der Glaube ist das Fundament, auf dem die drei Säulen stehen oder fallen. Der Glaube gibt Antworten auf die wichtigen Fragen nach Sinn, Richtung und Hoffnung und kann Familien, Schulen und Gemeinschaften tragen. Ich denke, es ist ein Fehler, den Glauben von der Bildung zu trennen oder zu isolieren. Ich behaupte sogar, dass Glaube und Bildung untrennbar miteinander verbunden sind. Bildung strebt nach Wahrheit – nicht nach irgendeiner Wahrheit, sondern nach der sicheren, endgültigen und absoluten Wahrheit, die der Glaube bekräftigt. Die Abkehr von der Wahrheit führt zu Zweifeln, Verwirrung, Unglück und Spaltung. Der Glaube an Gottes gute und natürliche Ordnung jedoch führt zu Sicherheit und Vertrauen. Der verstorbene Rabbiner Jonathan Sacks schreibt:
Ein Grund, warum die Religion vier Jahrhunderte Säkularisierung überlebt hat, ist, dass sie Antworten auf die drei Fragen gibt, die sich jeder nachdenkliche Mensch irgendwann in seinem Leben stellt: Wer bin ich? Warum bin ich hier? Wie soll ich leben? Diese Fragen können von keiner der vier großen Institutionen des modernen Westens beantwortet werden: Wissenschaft, Technologie, Marktwirtschaft und liberaler Demokratie. Die Wissenschaft erklärt uns wie, aber nicht warum. Die Technologie gibt uns Macht, ohne einer Anleitung wie wir diese Macht nutzen sollen. Der Markt bietet uns Wahlmöglichkeiten, aber bestimmt nicht, welche Wahl wir treffen sollen. Der liberal-demokratische Staat hält sich aus Prinzip zurück, eine bestimmte Lebensweise zu befürworten. So bietet uns die zeitgenössische Kultur eine fast unendliche Palette von Möglichkeiten ohne uns zu sagen, wer wir sind, warum wir hier sind und wie wir leben sollen.
Wenn also die moderne säkulare Gesellschaft diese grundlegenden Fragen nicht beantworten kann, sollten wir die Präsenz des Glaubens in unseren Häusern, Schulen und Gemeinschaften begrüßen. Dies ist gerade in einer pluralistischen Gesellschaft möglich – alle großen Weltreligionen lehren Respekt und die Würde des menschlichen Lebens und bieten Antworten auf die wichtigen Fragen.
1. Familie
Eine Mutter und ein Vater, die eine liebevolle und stabile Familie bilden, sind unbestreitbar die beste Voraussetzung für das Aufziehen von Kindern. Viele Studien haben diese Tatsache bestätigt, die von Religionen seit Jahrhunderten gelehrt wird. Mein christlicher Glaube lehrt die Treue in der Ehe zwischen einem Mann und einer Frau; wie viele andere Religionen. Meine Eltern haben eine solches Familienmodell vorgelebt. Sie heirateten, zogen acht Kinder groß und blieben zusammen, bis sie starben. Meine Frau Wilma und ich haben sieben wunderbare Kinder und fünf Enkelkinder und hoffen auf weitere! Unsere Gemeinschaft legt großen Wert auf die Heiligkeit der Ehe und bereitet Paare gewissenhaft auf ihren Weg vor. Wir lehren die Bedeutung der Treue und des Engagements füreinander. Das Modell dafür finden wir in den biblischen Berichten über die Treue Gottes zu den Menschen über die Jahrtausende hinweg. Treue funktioniert immer noch, sie ist immer noch wunderschön und sichere Voraussetzung dafür, Kinder in diese Welt zu setzen und gut aufzuziehen. Jedes Kind verdient eine Mutter und einen Vater, die friedlich zusammenleben und ihm Liebe, Stabilität und Sicherheit geben. Ich glaube aber, dass Jesus auch Alleinerziehenden die Kraft gibt, das Beste aus ihrer Situation zu machen.
2. Schule
Fürsorgliche Lehrer, die sich mit Leidenschaft für die Erziehung und Bildung von Kindern engagieren, machen eine gute Schule aus. Immer mehr Eltern entscheiden sich für alternative Unterrichtsformen. Denn oft sind Schulen nicht in der Lage, einen sicheren, gesunden Rahmen für Sozialisation und qualifizierten Unterricht zu bieten – Dinge, die wir auch von auf sich alleine gestellten Eltern nicht erwarten dürfen. Bruderhof betreibt Schulen vom Kindergarten bis zur Oberstufe. Unser Bildungsansatz betont die Verbindung mit Gottes Schöpfung, das gründliche Erlernen von Mathematik, Naturwissenschaften, Kommunikation sowie die Wertschätzung von Geschichte, Literatur, Kunst, Musik und Handwerk. Indem wir die intellektuellen, emotionalen und physischen Aspekte („Kopf, Herz und Hände“) gemeinsam betrachten, helfen wir verantwortungsvolle, mitfühlende und hilfsbereite Mitglieder der Gesellschaft zu formen. Meine Großmutter Annemarie Wächter brachte die pädagogische Vision ihres Urgroßonkels Friedrich Fröbel, dem Erfinder des Kindergartens, in unsere Gemeinschaft ein. Diese fördert das Lernen durch Spielen und Erforschen der Natur. Fröbel sagte: „Ein Kind, das gründlich und ausdauernd spielt, … wird ein entschlossener Erwachsener sein, der fähig ist, sich sowohl für sein eigenes Wohlergehen als auch für das der anderen einzusetzen.“
3. Gemeinschaft
Die Gemeinschaft gibt Familien und Singles Halt, Stabilität und Identität. Sie kann dazu beitragen, einige der Lücken zu füllen, die im Leben von Kindern unweigerlich entstehen, wenn Familien aufgrund von Trennungen, schwierigen wirtschaftlichen Umständen und Tragödien in Schwierigkeit geraten.
Bei Bruderhof gehen wir eine lebenslange Verpflichtung füreinander ein. Unsere gemeinsame Basis ist die Lehre Jesu, bedingungslos zu vergeben, auf jegliche Gewalt zu verzichten, frei von Reichtum zu leben und den anderen zu dienen. Wir sind eine Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern, die von Christus berufen sind, ihm in einem gemeinsamen Leben zu folgen, nach dem Vorbild der ersten Christengemeinden in Jerusalem. Nicht jeder lebt in einer so strukturierten und unterstützenden Gemeinschaft wie dem Bruderhof. Aber jeder kann Gemeinschaft bauen. Wir alle bilden eine Gemeinschaft: Nachbarn, Arbeitskollegen, Jugendgruppen, Kultur- oder Freizeitvereine, Sportmannschaften und Glaubensgruppen. Starke Gemeinschaften schaffen starke Familien und starke Kinder. Der indische Dichter Rabindranath Tagore schreibt: „Kinder sind lebendige Wesen – lebendiger als Erwachsene, die schon eine harte Schale der Gewohnheit um sich herum aufgebaut haben. Deshalb ist es für ihre geistige Gesundheit und Entwicklung absolut notwendig, dass sie nicht nur Schulen für ihren Unterricht haben, sondern eine Welt, die von Liebe geleitet wird.“
Starke Gemeinschaften schaffen starke Familien und starke Kinder.
Die Gemeinschaft ist nicht der Staat. Die Rolle der Regierung sollte darin bestehen, Stabilität und Rechtsstaatlichkeit in allen öffentlichen Bereichen des Lebens, einschließlich der Bildung, zu gewährleisten. Sie sollte die Rolle des Glaubens im öffentlichen Leben schützen und respektieren, ohne die Religionsfreiheit einzuschränken. Bildung ist die Weitergabe der Fackel von einer Generation an die nächste. Starke Familien, Schulen und Gemeinschaften machen dies möglich. Der Glaube ist kein separater und abgeschotteter Teil des Lebens; er belebt und gestaltet die Bildung. Wo eine solche Erziehung existiert, können wir große Hoffnung für die Zukunft haben und uns über jedes Kind freuen, das in diese Welt geboren wird.“