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    Der Gott der Wüste

    Im Heiligen Land ist die Wüste ein Ort der Hoffnung.

    von Timothy J. Keiderling

    Dienstag, 2. Juli 2024

    Verfügbare Sprachen: español, English

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    Eine halbe Autostunde von Jerusalem entfernt liegt ein tiefes Wadi, durch das ein Wanderweg führt. Das Bachbett verläuft zwischen Sandsteinfelsen, die so steil und eng sind, dass man nicht sagen kann, wie tief die Schlucht ist. Die hohen Wände schirmen den Lärm der nahen Hauptverkehrsader zwischen Jericho und Jerusalem ab. Man fühlt sich in die Vergangenheit zurückversetzt, als ob man jeden Moment einem brennenden Busch begegnen könnte.

    Selbst in einem kleinen und dicht besiedelten Land ist es nicht unmöglich, Wildnis zu finden. In Nahal Amud, in der Nähe des Sees Genezareth, kann man am Israel National Trail wandern und sich dabei völlig allein auf der Welt fühlen.

    In einer Zeit wie dieser, in der das Heilige Land vom Krieg zerrissen ist und die Menschen sich in ihrem Schmerz und ihrer Wut unerträglich weit von Gott entfernt fühlen, scheint es, als befänden sich das Land und seine Menschen in der Wildnis, in der Wüste. Es herrscht Trauer über die Ungerechtigkeit, es gibt den Willen zur Rache und die Entschlossenheit, die Dinge in Ordnung zu bringen. Unter all dem schwelt ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Wird es jemals Frieden geben? Werden die beiden Völker, die Anspruch auf dieses Land erheben, jemals nebeneinander leben können?

    In der Wüste zu sein ist hart. Aber kann es vielleicht sogar hier Hoffnung geben? Will Gott zu den Menschen sprechen, tut er das oft in der Wüste. Menschen gehen dorthin, um Gottes Stimme zu hören, ohne von anderen gestört zu werden. Warum spricht Gott in der Wüste zu den Menschen? Was könnte Gott uns heute in der Wüste sagen? 

    John Singer Sargent, From Jerusalem

    John Singer Sargent, From Jerusalem, Mischtechnik auf Velin, 1905–6. Bild von WikiMedia (public domain).

    In Genesis 16, als Hagar, die Sklavin Abrahams und Saras, in die Wüste flieht, um den Misshand-lungen ihrer Herrin zu entgehen, begegnet sie dem Engel des Herrn. Sie schöpft Mut und Kraft aus der Gewissheit, dass ihr ungeborener Sohn gesegnet sein wird. Wir lesen, dass der Engel des Herrn sie „an einer Wasserquelle in der Wüste“ findet. Sie fragt sich: „Habe ich wirklich Gott gesehen und bin am Leben geblieben, nachdem ich ihn gesehen habe?“ Aber noch wichtiger erkennt sie, dass Gott sie in ihrem Schmerz gesehen hat. Nach dieser Begegnung nennt sie Gott „El-Roi“, den Gott, der sieht. Allein, weit weg von den Menschen, kann sie Gott sehen und von ihm gesehen werden.

    Mose befand sich in der Wüste, als er die Schafe seines Schwiegervaters Jethro hütete und Gott in einem brennenden Dornbusch am Berg Horeb begegnete (Ex 3). Und in der Wüste, als Mose das Volk Israel aus Ägypten führte, begegnete er erneut Gottes Gegenwart auf dem Berggipfel (Ex 19). Zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten hat das Volk Gottes neue Kraft aus dem direkten Kontakt mit Gott in der Wildnis geschöpft. Elia kehrte zum Berg Horeb zurück, um Gott zu begegnen (1 Kön 19). Jesus ging allein auf den Berg, um zu beten (Mt 14,23).

    Offenbar ist die Wildnis der Ort, an dem man Gott wiederfinden kann. Vielleicht wird Gott das Land und seine Völker auch heute wieder durch die Wüste führen, so dass sie auf der anderen Seite in einem neuen verheißenen Land herauskommen, in dem diese Verse Wirklichkeit werden: „Wie die Berge Jerusalem umgeben, so umgibt der Herr sein Volk“ (Ps 125,2) und „Du sollst auch den Fremden lieben, denn du warst fremd im Land Ägypten“ (Dtn 10,19) sowie „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Lev 19,18).

    Von TimothyKeiderling Timothy J. Keiderling

    Timothy J. Keiderling ist Mitglied der Bruderhof-Gemeinschaft.

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