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Empfehlungen der Redaktion: Demon Copperhead
von Chris Zimmerman
Dienstag, 17. Dezember 2024
Verfügbare Sprachen: English
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Demon Copperhead | Roman | Barbara Kingsolver | (dtv, 864 Seiten)
Franz Kafka schrieb einmal: „Wenn das Buch, das wir lesen, uns nicht mit einem Faustschlag auf den Schädel weckt, wozu lesen wir dann das Buch? … ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“ Barbara Kingsolvers Demon Copperhead ist solch ein Buch. Es sprüht vor der rohen Energie seines fluchenden Teenager-Protagonisten und begleitet ihn durch eine Kindheit voller häuslicher Gewalt, Sucht und Verlust. Die Auflösung bietet einen Hauch von Rehabilitation, doch die Abwesenheit einfacher Lösungen treibt den Roman an.
Charles Dickens’ David Copperfield, das Kingsolver inspirierte, erzählt vom Schicksal eines jungen Engländers, dessen Willenskraft ihm hilft, das Leben im Londoner Untergrund des neunzehnten Jahrhunderts zu meistern. Kingsolvers Neuinterpretation spielt in den 1990er-Jahren in einer ebenso trostlosen Welt: ihrer Heimat Appalachia.
Leser, die die idealisierte Schönheit des ländlichen Amerikas suchen, finden hier nicht viel davon. Zwar blühen im Frühling Trillium-Blumen in den Senken, doch diese Landschaft ist gezeichnet von stillgelegten Kohleminen und verfallenden Bauernhöfen, voller Billigläden und Schmerzkliniken. Auch sozial herrscht Verwüstung – „Trailer Trash“, Truckstop-Huren, skrupellose Ärzte, ausgebrannte Sozialarbeiter und Betrüger. Kaum eine Familie ist von der Opioid-Krise verschont; jeder kennt jemanden im Gefängnis oder in Pflegefamilien oder jemanden, der an einer Überdosis starb.
Kingsolvers Appalachia ist ebenso ein Geisteszustand wie eine Region; wie die umgebenden Hügel hat das Unheil Generationen gefangen. Selbst jene, die dem Ruf der Welt entfliehen, kehren oft zurück, enttäuscht von leeren Aufstiegsversprechen oder auf der Flucht vor dem Großstadtleben.
Wäre dies Reality-TV, könnte man umschalten. Doch das ist es nicht. Auch keine Armutsromantik – nichts daran ist überflüssig. Kingsolvers Roman klingt authentisch wie eine Autobiografie. Beim Schreiben hörte sie ihre Eltern, die ihr „in einer Sprache zusprachen, die meine Jahre außerhalb Appalachias mir auszutreiben versuchten“. Vielleicht wirken ihre Figuren deshalb so real, dass man versucht ist sie zu googeln.
Und wenn, wie ein Kritiker anmerkte, die Figuren an Eigenständigkeit mangeln, dann ist dies wohl genau der Punkt. Gefangen im Strudel institutioneller Armut, haben die meisten kaum Hoffnung, je herauszukommen. Indem Kingsolver deren Schicksal beschreibt, konfrontiert sie uns mit dieser Realität. In ihrer Widmung schreibt sie: „Für die Kinder, die jeden Tag hungrig in dunklen Orten aufwachen, die ihre Familien an Armut und Schmerzmittel verloren haben … die sich unsichtbar fühlen oder es sich wünschen: Dieses Buch ist für euch.“