Subtotal: $
Checkout-
Menschlichere Medizin
-
Forgiveness Project
-
Leserreaktionen
-
Allen Mächten zum Trutz
-
Die Arbeiter und die Kirche
-
Der Körper, den sie hatte
-
Ein Löwe in Phnom Penh
-
Werdet einander zu Sklaven
-
Form und Freiheit
-
„In Paraguay liest man nicht“
-
Geschichte der Freiheit
-
Die Autonomie-Falle
-
Sehnsucht nach Freiheit
Jakob Hutter: Frei in Christus
Ein Märtyrer, der unermüdlich für die Wahrheit kämpfte.
von Emmy Barth Maendel und Susannah Black Roberts
Dienstag, 17. Dezember 2024
Verfügbare Sprachen: English
Nächster Artikel:
Entdecken Sie andere Artikel:
An christi himmelfahrt im Mai 1535 wurden Jakob Hutter, seine Frau und seine Gefährten aus Auspitz, einer kleinen Weinbergstadt im Süden Mährens im heutigen Tschechien, vertrieben.
Davor konnte die Gemeinde ihren Glauben über ein halbes Jahrzehnt sicher und nach ihrem Gewissen in Mähren ausüben. Dies war auf Jan Hus zurück zu führen. Viele mährische Adlige waren Hussiten, und das schon seit 100 Jahren, und sie gewährten ihren jüngeren Brüdern Schutz.
Aber Mähren war trotz seiner Tradition der Toleranz immer noch Teil des Königreichs Böhmen, das wiederum ein Vasallenstaat des Heiligen Römischen Reiches war. Der König von Böhmen war der Habsburger Erzherzog Ferdinand I. Und Ferdinand war nervös.
Im Jahr 1525 hatten die Bauern Mitteleuropas mit schockierender Gewalt rebelliert, die umso beunruhigender war, als sie dezentralisiert war. Dieser Aufstand hatte etwas mit den neuen Lehren zu tun, obwohl Martin Luther ihn aufs Schärfste verurteilt hatte. Nicht weit entfernt, in Münster, hatte 1533 der fanatische und keineswegs pazifistische Täufer Jan van Leiden die Stadt übernommen und begonnen, sie als unterdrückende Theokratie zu regieren; nur mit großer Mühe konnte die Stadt zurückerobert werden.
Ferdinand wollte in Böhmen kein Risiko eingehen. Er nahm persönlich am Reichstag von 1535 teil und verlangte, dass der mährische Adel die Täufer vertreibe.
Hutter, der Leiter der Gemeinde, die seit zwei Jahren in Auspitz Zuflucht gefunden hatte, packte, was er auf dem Rücken tragen konnte, ebenso wie der Rest seiner Gemeinde, und verließ die Stadt. Die Geschichte der Hutterer berichtet, dass sie wie eine Schafherde auf die offenen Felder getrieben wurden. Sie durften nirgendwo lagern, bis sie das Dorf Tracht erreichten, wo sie auf der weiten Heide unter freiem Himmel schliefen. Unter ihnen befanden sich viele Witwen, Kinder und Kranke. Hutter schrieb an den Statthalter Kuna von Kunstadt:
Nun sind wir da in der Wüsten auf einer wilden Heiden … Wir wollen keinem Menschen Leid oder Unbill nicht tun, ja, unsern grössten Feinden nicht. Unser Predigt und Wandel ist, dass man in Gottes Wahrheit und Gerechtigkeit friedlich und einig leben soll … Das man aber sagt, wir haben uns zu Feld gelegt mit so viel Tausend, als wollten wir kriegen …, der redet als ein Unerfahrener … Nun geben wir weiter Antwort, dass wir jetzt diesmal nirgends hinaus wissen aus dem Land oder ziehen können. Gott, der Herr im Himmel, gebe uns und zeig uns denn noch an, wohin wir sollten. Wir können uns auch das Land und das Erdreich nicht lassen verbieten. Dann die Erd ist des Herren und alles, was darinnen ist.
Jakob Hutter wurde um 1500 im Dorf Moos im heutigen Südtirol (Italien) geboren, das damals zu Österreich gehörte. Er hatte keine Schulbildung, sondern erlernte das Handwerk des Hutmachers. In den 1520er Jahren lernte er durch die Predigten eines Wanderpredigers, eines ehemaligen Ziegenhirten namens Wölfl, das Neue Testament kennen. Über Hutters eigenen Weg ist wenig bekannt. 1529 wurde er von der lokalen Obrigkeit, als wichtiger Vorsteher der neuen Täufersekte angesehen. Seine Landsleute, die von seiner neuen Darstellung des Evangeliums bewegt waren, hörten ihm zu, und er taufte viele von ihnen und gründete mehrere Gemeinden in der Region.
Die Täuferbewegung, die wie ein Lauffeuer über Süddeutschland und Österreich zog, blieb nicht unbemerkt. Im Jahr 1527 verkündete König Ferdinand I., dass die Lehren und Praktiken der Täufer nicht geduldet würden. Menschen, die sich taufen ließen, wurden inhaftiert; diejenigen, die sie tauften, wurden hingerichtet.
„Dieses Feuer schadet meiner Seel so wenig, als der brennende Ofen Sadrach, Messach, und Abednego.“ —Jakob Hutter
In Reaktion auf diese Tyrannei zog Hutter mit einem Freund los, um den Gerüchten nachzugehen, dass Täufer in Mähren ihren Glauben frei und ohne Angst praktizieren könnten. Er kehrte mit guten Nachrichten zurück. In der Chronik der Hutterischen Brüder heißt es: „So befunden sie auf beiden Teilen einerlei Gemüt und Sinn, Gott zu dienen und zu förchten. Auf solches hat Jakob mit seinen Gefährten anstatt der ganzen Gemein sich mit der Gemein zu Austerlitz vereinigt und befriedet.“
Auf diese Nachricht hin machten sich viele der Tiroler Neubekehrten auf den Weg nach Osten – Familien und kleine Gruppen verließen täglich die Region, um die mehr als 600 Kilometer lange Reise zu einem hoffentlich sicheren Zufluchtsort anzutreten. Hutter jedoch fühlte, dass seine Berufung – zumindest für den Moment – darin bestand, in Tirol zu bleiben und die Neubekehrten zu betreuen.
In den folgenden Jahren unternahm er mehrere Reisen nach Mähren. Die dortigen Täufer litten zwar nicht unter Verfolgung, hatten jedoch Schwierigkeiten, die Einheit untereinander zu bewahren und Leiter, die – wie Hutter feststellte – damit überfordert waren. Es herrschte stellenweise übermäßige Strenge, und Unschuldige wurden kirchlichen Disziplinarmaßnahmen unterworfen, während es an anderer Stelle an Disziplin mangelte, da die Leiter „fleischliche Freiheit haben geben auf vielerlei Weis, eim Jeden nach seinem Gefallen ins Eigentum wieder zu richten.“ Im Sommer 1533 zog Hutter nach Auspitz in Mähren und brachte Ordnung in die Gemeinschaft. Er war beliebt und wurde als gerechter Vermittler angesehen.
Die nächsten zwei Jahre waren eine Zeit geistlicher Reifung für die Täufer. Hutter war ein begabter Führer, und viele der Streitigkeiten, die die Gemeinde zuvor belastet hatten, lösten sich auf. Die Freude der Gemeinschaft, die nun gut geführt wurde, ist in Hutters Briefen deutlich zu spüren. Er war natürlich froh, dass sie frei von Verfolgung waren, doch noch glücklicher, dass sie nicht mehr in geistiger Verwirrung lebten und die Gemeinschaft sich nicht der Sklaverei von persönlichem Ehrgeiz oder Unordnung ergeben hatte. Wie er an die Gläubigen in Tirol schrieb:
Der Herr hat die frommen Herzen und Gewissen erst recht frei gemacht und erlediget von äusserlicher menschlicher Sorg und Geboten und aus schweren Lasten und Gefängnissen erlöset. … Meine herzallerliebsten Brüder, zweiflet nicht, wir haben allein die Freiheit Christi und keine fleischliche nicht. Und wir sein allein von Gott durch Christum frei gemacht, erlediget und erlöset worden in unsern Herzen durch den heiligen Geist.
Diese zwei Jahre waren eine Atempause für Hutter und seine Gemeinschaft, die später nach ihrem Anführer als Hutterer bekannt werden würde. Doch dann kam das Unglück. Wegen des katastrophalen „Täufer“-Aufstands in Münster verschärfte König Ferdinand die Verfolgung der Täufer überall. Selbst die Grundbesitzer in Mähren wurden angewiesen, sie zu vertreiben. Hutter hatte dem mährischen Statthalter einen scharfen Brief geschrieben und war nun in Lebensgefahr. Er kehrte mit seiner Frau Katharina nach Tirol zurück.
Sofort begann er wieder zu evangelisieren, und selbst in diesem wenig günstigen Moment vergrößerte sich die Zahl. „Die gottlosen Tyrannen“, schrieb er in einem Brief nach Mähren, „wissen uns noch nit hier …; Gott vom Himmel geb, dass sie verblendet werden und solches lange nit innewerden.“
Aber sie fanden es doch heraus. Am 30. November 1535 wurden er und Katharina im Haus eines Freundes in Klausen verhaftet und zur Burg Branzoll gebracht. Hutter wurde nach Innsbruck überstellt und verhört. Ein katholischer Gelehrter, Dr. Gallus Müller, versuchte, ihn mit Schriftbeweisen zur Rückkehr zum Katholizismus zu bewegen. Hutter blieb standhaft.
In den folgenden Monaten wurde er wiederholt gefoltert. Seine Peiniger tauchten ihn in eiskaltes Wasser und schlugen ihn dann mit Stöcken. Sie fügten ihm Schnitte zu, gossen Alkohol in die Wunden und setzten diesen dann in Brand. Am 25. Februar 1536 verbrannten sie ihn in Innsbruck auf dem Scheiterhaufen. „Nun kommt her, ihr Widersprecher!“, rief er, „lasset uns den Glauben im Feuer probieren. Dieses Feuer schadet meiner Seel so wenig, als der brennende Ofen Sadrach, Messach und Abednego.“
„Jakob hat mit seinem Tod eine große Predigt gehalten,“ schrieb Hans Amon, ein zeitgenössischer Hutterer, „wie ist sie so weit erschollen.“
Katharina hatte sich ebenso geweigert zu widerrufen, doch nach mehreren Monaten entkam sie ihren Peinigern. Sie arbeitete noch zwei weitere Jahre weiter, bis sie schließlich wieder gefangen genommen und vermutlich ertränkt wurde.
Hutters Hinrichtung machte ihn selbstverständlich zum Märtyrer. Doch in jenen Tagen gab es viele Märtyrer. Hutter verherrlichte Gott nicht nur in seinem Tod, sondern auch mit seinem Leben. Er führte seine Brüder in die Freiheit, die Christus ihnen erkauft hatte.